Bein – Beckenvenendarstellung (Venendarstellung mit Kontrastmittel)
Die Kontrastmitteldarstellung der Venen dient wie die Arteriographie der Abbildung von Gefässveränderungen nach Untersuchung der Beschwerden und funktioneller Diagnostik. Auch eine Phlebographie ist nur gerechtfertigt, wenn abzusehen oder zu vermuten ist, dass sich aus ihr eine gravierende Konsequenz für die Behandlung ergibt. Es sind dies entweder venenchirurgische Manahmen oder eingreifende andere Behandlungsformen. Eine Phlebographie lediglich zur Sicherung des klinisch erhobenen Befundes ohne beabsichtigte Konsequenz für die Behandlung entbehrt der Grundlage. Gewisse Ausnahmen gelten aber für gutachterliche Fragestellungen.
Die technische Durchführung einer Kontrastmitteldarstellung der Venen ist wenig aufwendig und weist eine geringe Komplikations- und Nebenwirkungsrate auf. Anatomische und funktionelle Besonderheiten des Venensystems führen bei der Phlebographie zu Problemen, die im arteriellen Schenkel des Gefässsystem keine Rolle spielen. Diese zeigen sich besonders deutlich bei der Venendarstellung des Beines.
???Bem: Schwindende Bedeutung der Phlebo durch erhebliche Fortschritte in der US Diagnostik???
Die Kontrastdarstellung des Venensystems der unteren Extremitäten steht zahlenmässig so weit im Vordergrund, da der Begriff aszendierende Phlebographie nahezu mit Bein-Phlebographie gleichgesetzt wird.
Die Untersuchung erfolgt in halb stehender Position. Das Kontrastmittel wird nach der Punktion mit einer Punktionskanüle oder nach Einführen eines kurzen dünnlumigen Plastikkatheters in eine Furückenvene von Hand eingespritzt. Dabei wird durch einen oberhalb des Knöchels (supramalleolär) angelegten Stau der Kontrastmittelabfluss in die tiefen Wadenvenen erzwungen. Der Kontrastmittelabfluss nach oben wird per Durchleuchtung kontrolliert. Dies ermöglicht die direkte Beurteilung des Venensystems und es kann der günstigste Zeitpunkt zur Anfertigung der gezielten Aufnahmen erfat werden. So können Fehldeutungen infolge unvollständiger Kontrastmittelfüllung des Venensystems vermieden werden. Grundsätzlich werden im Bereich des Unterschenkels, der Knieregion und des Oberschenkels Aufnahmen in zwei Ebenen angefertigt. Zur besseren Kontrastierung der Beckenvene kann die Betätigung der Wadenmuskelpumpe durch den Patienten, eventuell in Kombination mit Betätigung der Bauchpresse, nützlich sein. Teilweise ist eine Beurteilung der Funktionsfähigkeit der Klappenapparate ( Vena saphena magna) möglich.
Die Phlebographie ist indiziert in allen Fällen eines Krampfaderleidens (primären Varikosis), wenn eine operative Korrektur angestrebt wird und in allen Fällen einer akuten Beinvenenthrombose, bei denen voraussichtlich auch eine Operation oder eine gerinnselauflösende Behandlung (Thrombolyse) in Frage kommt. Im übrigen gehört sie auch zur Diagnostik anderweitig nicht erklärbarer Beinschwellungen und von Gefämissbildungen (Angiodysplasien).
Sie gibt Auskunft über die Durchgängigkeit der tiefen Venen, die Funktionsfähigkeit der Venenklappen und der Verbindungsvenen (Perforansvenen), über die Ausdehnung und gegebenenfalls auch das Alter von Thrombosen sowie über Umgehungskreislässufe (UmgehungsGefässe). Ausser bei tiefer Phlebothrombose sollte diese Untersuchung mit einer Venendruckmessung (Phlebodynamometrie) verbunden werden.
Die Beckenphlebographie dient der Darstellung des venösen Abstroms im Beckenbereich. Bei beiderseitiger Durchführung ist auch eine einwandfreie Darstellung der unteren Hohlvene (V. cava inferior) möglich. Die Untersuchung erfolgt am liegenden Patienten. In örtlicher Betäubung wird die Leistenvene (V. femoralis) mit einer Kanüle punktiert. Da die Leistenvene nicht tastbar ist, ist das Auffinden des Gefässes manchmal etwas schwierig.
Die Beckenphlebographie ist indiziert bei klinischem Verdacht auf ein Abstromhindernis im Bereich einer oder beider Beckenvenen, wobei es sich sowohl um Thrombosen als auch um eine Kompression von aussen handeln kann. Auch Abflusshindernisse im Bereich der unteren Hohlvene (V. cava inferior) können so erfasst werden.
Wie wird eine Venendarstellung durchgeführt?
Bei der Arteriographie wird das Kontrastmittel in ein zuführendes Gefäss eingebracht, welches sich im Abstrom wie die Krone eines Baumes aufzweigt. Auf Grund der hohen Blutströmungsgeschwindigkeit in der Arterie durchmischen sich Blut und Kontrastmittel gut, wodurch eine schnelle und vollständige Kontrastierung der durchgängigen Äste des darzustellenden Gefässgebietes resultiert. Ausserdem kann auch gegen die Blutströmungsrichtung gespritzt und ein interessierender Gefässabschnitt dargestellt werden.
Im Bereich der Venen ist die Richtung der Kontrastmittelgabe dagegen durch die Klappenapparate vorgeschrieben. Entsprechend erfolgt bei der Beinvenen-Darstellung die Kontrastmittelinjektion in einen Auslässufer eines Wurzelsystems im Furückenbereich, welches sich zu mehreren ableitenden Venenstämmen vereinigt, die wiederum erst ganz körpernah eine einzige ableitende Hauptvene bilden.
Die einfache Kontrastmittelinjektion in einen Wurzelast des weitverzweigten Netzes würde also den Kontrastmittelabfluss und damit die Venendarstellung den jeweils im System herrschenden Druckverhältnissen unterwerfen und damit zu einer nicht aussagekräftigen Phlebographie führen. Da ausserdem im Niederdrucksystem eine geringe Blutströmungsgeschwindigkeit vorliegt, sind die Durchmischungsverhältnisse von Kontrastmittel und Blut ungünstig, so dass trügerische Schichtungsphänomene auftreten können.
Hinsichtlich der Beinvenendarstellung erweisen sich der Stau oberhalb des Knöchels zur Einleitung des Kontrastmittels in das tiefe Venensystem, die Untersuchung in halb stehender Position zur Verringerung von Schichtungsphänomenen sowie die Phleboskopie, welche die Beobachtung funktioneller Abläufe gestattet, als wesentliche Bereicherung. Dennoch ergeben sich aus der Ausdehnung und dem Variantenreichtum der Venen gelegentliche Schwierigkeiten, die dadurch noch vergrössert werden können, dass eine komplette Kontrastmittelfüllung des Venensystems ebenso schwierig sein kann wie die Deutung der Bilder.
Die Kontrastmittelinjektion erfolgt von Hand, die Kontrastmittelmenge richtet sich nach der Grösse des darzustellenden Gefässgebietes und kann bei einer aufsteigenden (aszendierenden) Phlebographie der Beinvenen einschlielich der Beckenvene bis etwa 100 ml betragen. Die Richtung der Kontrastmittelinjektion ergibt sich aus der Anatomie des Venensystems. Sie erfolgt wegen der Venenklappen in Stromrichtung, rückwärts gerichtete Darstellungen sind nur in klappenlosen Venengebieten möglich. Die Punktions- bzw. Injektiontelle liegt also in der Regel unterhalb des darzustellenden Venenschadens. Im Bereich der Extremitäten sind Darstellungen von den Füssen bzw. Händen nach oben bis zum Venensystem der unteren bzw. oberen Hohlvene möglich sind.
Risiken der Venendarstellung
An der Punktiontelle stehen Reizerscheinungen im Sinne von Venenentzündungen (Thrombophlebitiden) wegen örtlicher Kontrastmittelunverträssglichkeit im Vordergrund. Dieser Gefahr kann begegnet werden, wenn nach Durchführung einer Venendarstellung (Phlebographie) das dargestellte Venensystem mit Kochsalzlösung gespült und ein Kompressionsverband angelegt wird. Kontrastmittelaustritt ins Gewebe durch Fehlinjektion oder Platzen des Gefässes (Kontrastmittelparavasate) können schmerzhaft sein und (extrem selten) zu Gewebeuntergang (Nekrosen) führen.
Durch die Einführung neuer Kontrastmittel wurde die Schmerzreaktion deutlich verringert und auch die Gefahr der örtlichen Unverträssglichkeit geringer geworden ist, kann eine Phlebographie als ausgesprochen nebenwirkungs- und komplikationsarme Methode angesehen werden, die eine exakte, reproduzierbare und erfolgsprognostisch verwertbare Aussage erlaubt.